Wie schaut es inzwischen mit der Barrierefreiheit in Linz aus? – Ein Lokalaugenschein
Freitag, 27. Juli – Linzer Landstraße. Am 1. Jänner 2006, vor mehr als 12 Jahren trat das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft. Uns hat interessiert, wie das Gesetz inzwischen in baulicher Hinsicht umgesetzt wurde?
Was sagt das Gesetz im Kern aus? Paragraf 1 sagt über das Gesetzesziel folgendes:
1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen oder zu verhindern und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.
Um es gleich vorweg zu nehmen: viele Geschäfte haben Vorbildliches gemacht: statt Stufen gibt es Rampen, bei einem Eingang haben wir einen Treppenlift entdeckt oder es wurde ein eigener Eingang für Rollstuhlfahrer geschaffen.
Bei anderen Unternehmen müssen sich Rollstuhl fahrende Kunden zuerst über unüberwindbare Stufen oder hohe Kanten kämpfen, ehe sie ins Geschäft gelangen können.
Unser Weg führte uns weiter zum neuen Rathaus. Leitlinien beim Aufgang von der Unterführung sind bereits derart abgenutzt, dass sie für einen Blindenstockgeher kaum noch wahrnehmbar sind. Im Bereich des Bürgerservices steht ein Schalter zur Nummernvergabe. Die Tastenbeschreibung erfolgt über ein Display und ist für Menschen mit Sehbehinderung schwer bzw. gar nicht lesbar. Auch fehlen Leitlinien. Wir denken, dass gerade in der öffentlichen Verwaltung, die ja für alle Bürgerinnen und Bürger da zu sein hat, solche Einrichtungen nicht extra eingefordert werden müssten.
Smartphones sind mit ihren Möglichkeiten eine enorme Hilfe für Menschen mit Behinderung. Blinde erfahren, wo sie gerade sind, Rollstuhlfahrern teilen sie mit, wo ein barrierefreier Weg ist. Daher ist es verwunderlich, dass bei einem Mobilfunkbetreiber es für Menschen mit Sehbehinderung nicht möglich ist, den Beratungs-Ticketautomaten barrierefrei zu gestalten.
Im Grunde sind es nicht die baulichen Hindernisse, sondern nach wie vor die Barrieren, die in den Köpfen vieler bestehen. Dadurch haben es allein in Österreich über 24.000 Rollstuhlfahrer und über 407.000 Menschen mit Sehbehinderung nach wie vor schwerer, am täglichen Leben teilzunehmen.
freiraum-europa wird auch weiterhin mit dem Finger darauf zeigen. Nicht zuletzt deshalb, um im menschlichen Bewusstsein zu verankern, wie wichtig ein barrierefreies Zusammenleben für uns ist. Denn ein Lebensdesign für uns alle geht auch uns alle an.